T901 Voltage Controlled Oscillator Bank Clone



Einleitung

Oh Mann, dieser Clone war ein ziemliches Stück Arbeit. Obwohl diese Modulgruppe ja schon von ziemlich vielen Leuten geklont worden ist, war ich bei Projektstart ziemlich nervös. Zwei seltsame Bauteile (2N2646 und CA3019) und eine der ältesten Moogschaltungen ließen mich am Projekterfolg zweifeln - aber am Ende habe ich doch eine funktionierende Oszillator-Bank hingekriegt - na ja, fast.

Und - es ist kein exakter Clone. Verglichen mit dem Origininal weist das T901 einerseits ein paar Modifikationen / Verbesserungen auf, andererseits arbeiten einige Modulfunktionen nicht so exakt wie im Original (s. u.).

T901 Voltage Controlled Oscillator Bank Clone



Unterschiede zum Original

Als erstes: Bei meinem Clone handelt es sich um ein einziges Modul mit einem einzigen Frontpanel, nicht um ein Controller Modul mit drei Oszillator-Modulen. In einem Standard - System 55 tauchen Oszillatoren entweder in Form von Bänken oder als Kombinationsmodul (Controller + 1 Oszillator in einem Modul) auf, aber niemals alleine. Also entschloss ich mich, da ich eine Bank bauen wollte, für eine 1 + 3 - Lösung, jedoch mit einer gemeinschaftlichen Frontplatte. Ich werde sicherlich niemals in die Verlegenheit kommen, die Module "aufteilen" zu müssen.

Zum zweiten das Pulsbreiten-Thema: Ich habe nie verstanden, warum Moog die Pulsweitenkontrolle zum Controller gepackt hat, obwohl der Name das vielleicht passend erscheinen lässt. Pulsweitenkontrolle ist eine Eigenschaft des Pulsgenerators, also des Oszillators, nicht des Oszillator-Controllers. Bei meiner Lösung (und bei allen anderen Oszillator-Herstellern ebenso) kann die Pulsweite individuell für jeden Oszillator eingestellt, eine höhere Flexibilität und eine größere Tiefe im Klang erreicht werden, falls mehrere Oszillatoren zusammenarbeiten. Also wanderte der PW - Knopf auch bei mir zu den Oszillatoren.

Zusätzlich beschloss ich, Pulsweitenmodulation zu integrieren. Das finde ich ziemlich wichtig. Der sanfte Phasing-Sound langsam schwankender Pulsbreite, die durch einen LFO gesteuert wird ist magisch, speziell wenn besondere LFO-Wellenformen verwendet werden (höre Soundbeispiel unten).

Natürlich führten all diese Änderungen bzgl. Pulsbreite auch zu veränderten Frontpanels (siehe Beschreibung des Human Interface unten).

Vollständiges Modul


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Frontend / Human Interface

Controller

Ganz oben findet sich der Fixed Control Voltage Drehschalter - ein Positionswechsel verändert das Steuerspannungsverhalten des Controllers um 1 Volt. Im Originalmodul verändert das die Ausgangsfrequenz der angeschlossen Oszillatoren um eine Oktave, aber bei meinem Clone verändert sie sich nur um eine Terz. Allerdings führt ein eingehender realer Steuerspannungswechsel (vom Frontpanel (s. u.) oder vom intern zugänglichen Steuerspannungs-Node) von einem Volt tatsächlich zu einem Oktavsprung, so dass man sieht, dass das Modul an sich durchaus im 1V/Oct - Standard arbeitet, jedoch nicht der Steuerspannungs-Drehschalter.
Erst wollte ich das Geheimnis noch lüften bzw. das Verhalten korrigieren, doch dann sah ich darin einen gewissen Vorteil: Die Möglichkeit, über Okatvteile zu springen / tunen anstatt über ganze Oktaven. Erhöht die Flexibilität im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten. Also entschied ich mich dafür, das Verhalten so zu belassen.

Der zweite Knopf stellt einen Feintuning - Poti dar, der den Controller um +/- eine Terz steuert. Das selbe Verhalten wie oben, eine Veränderung um eine Terz anstatt einer Oktave.

Und zum Schluss die drei externen Steuerspannungseingänge. 1V/Oct - Charakteristik. Diese drei Eingänge und der interne Node werden gemixt und bestimmen die Note / Frequenz, die gespielt werden soll.

Oszillator

Wieder ganz oben gibt es wieder einen Oktavschalter. Wieder sollte ein Positionswechsel einen Oktavsprung nach sich ziehen, aber bei meinem Clone ist es manchmal mehr, manchmal weniger als eine Oktave, abhängig vom Integrationskondensator, der durch den Drehschalter selektiert wird (siehe Schaltungsbeschreibung unten). Um das auszgleichen hätte ich mit verschiedenen Kondensatorwerten herumexperimentieren müssen, aber dann stellte ich mir wieder die Frage, warum denn, ein schneller präziser Oktavwechsel, der bei einem Live-Auftritt vielleicht nötig ist würde nie meine Sorge sein, in meinem Tonstudio kann ich die VCOs immer in Ruhe passend einstellen (übrigens ist man später von einem solchen Fußlagenschalter eh abgegangen).

Der Frequency Vernier - Knopf verändert die Ausgangs-Oktave um +/- 1. Böser Seiteneffekt: Das Tracking wird ebenfalls verändert! Der Grund wird offensichtlich, wenn man die Schaltungsunterlagen studiert (siehe Schaltungsbeschreibung unten). Ich habe das Konzept dahinter bisher nicht verstanden; vielleicht wird mich irgendwer irgendwann mal aufklären.

Das Pulsbreitenpoti ist vom Controller zum Oszillator gewandert, wie oben erwähnt. Kleine Icons auf dem Frontpanel zeigen die Auswirkung einer jeden Position auf die Pulsweite des Rechtecks.

Der Eingang der Pulsbreitenmodulation setzt die Pulsbreite abhängig von einer Eingangsspannung. Das ist etwas, was im Original fehlt, also habe ich eine solche Modulationsmöglichkeit hinzugefügt. Ich halte das für ziemlich wichtig (s. o.).

Zum Schluss die Ausgänge. Keine Wellenform-Selektion wie in anderen Oszillatoren. Ich entschied mich dafür, es dabei zu belassen, da ich schlichtweg keinen Platz mehr auf der Frontplatte für einen zusätzlichen Drehschalter und einen zusätzlichen Ausgang hatte.


Schaltung

Schaltpläne: Achtung: Schaltpläne anklicken bedeutet Akzeptanz des Disclaimers am Seitenende! Die Schaltpläne sind Screenshots der T901 LTSpice Simulation. Die folgende Beschreibung ist nicht vollständig. Zum einen hatte ich keine Lust, jeden Wiederstand zu erklären, zum anderen habe ich nicht alles verstanden... Also beschränke ich mich hier auf die wichtigsten Elemente. Bitte die Original-Schaltpläne für weitere Details und Bauteil-Werte heranziehen.

Controller

Die Controller-Schaltung wird in zwei Teile untergliedert - einen Steuerspannungs-Mixer und einen Exponentiator. Ersterer ist eine "Moog - Standardkomponente" aus der "Vor-OpAmp-Zeit", die in mehreren Moog - Modulen wie den 904'er Filtermodulen ebenfalls Verwendung fand.
Alle eingehenden Steuerspannungen, der interne Node, der Tuning-Regler und die Oktavauswahl werden gemixt und an den Differenzverstärker Q1 und Q2 übergeben. Der verfügt zusätzlich noch über einen Tiefpassfilter (R9, C2), um das Steuerspannungsgemisch zu reinigen.
Eine weitere Differenzverstärkerstufe (Q3, Q4) folgt sowie der Kollektorfolger Q5, der die Steuerspannung auskoppelt. Die Gesamtverstärkungg wird durch P1 (Scale) bestimmt, der im Rückkopplungszweig des Differenzverstärkers sitzt. C1 unterdrückt Schwingungsneigung, vermute ich, aber ich bin mir nicht sicher. Die High Compensation Stufe (R15, R16, P2, R17) soll das Scale-Verhalten bei höheren Steuerspannungen verzerren / angleichen, nehme ich an. In meinem Clone hatte das allerdings keinen beobachtbaren Effekt.
Die gesammte Steuerspannungs-Sektion bildet eine Stromsenke für den zweiten Teil des Controllers, den Exponentiator. Der dadurch erzeugte Spannungsabfall wird dort durch zwei weitere Differenzverstärkerstufen (Q6, Q7, Q8, Q9) verstärkt. Die Basen des ersten Differenzverstärkers (Q6, Q7) laufen durch zwei Diodenarrays vom Typ CA3019. Diese Arrays ändern ihren inneren Widerstand abhängig von ihrer "Körpertemperatur". Nach etwa 10 Minuten nach dem Einschalten haben sie Betriebstemperatur erreicht, die sie unabhängig von der Außentemperatur beibehalten. Damit bleibt das Arbeitsverhalten des Controllers ab dann stabil.
An der Basis von Q10 (der den Output- und Feedback-Buffer des Exponentiators darstellt) kann man eine exponentiell fallende Spannung bei linear steigender Steuerspannung beobachten, genauer gesagt sinkt die Ausgangsspannung bei jedem zusätzlichen Volt Eingangssteuerspannung um den doppelten Betrag. Und diese Spannung kontrolliert dann den Oszillator (s. u., Punkt A).

Oszillator

Der Oszillator wird durch die "fallende" Spannung an Punkt "A" kontrolliert. Punkt "A" ist die Basis von Q7 (107 in meinem Spice Simulationsfile), einem PNP - Transistor, der eine Stromquelle für den Saw Core darstellt, der aus einem 2N2646 Unijunction - Transistor und einem Kondensator besteht. Letzterer ist über den Frontpanel - Oktavdrehschalter auswählbar (C2 - C7). Der ausgewählte Kondensator wird bis zu dem Spannungslevel linear geladen, bei dem der Unijunction Transistor "feuert" und den Kondensator schlagartig entlädt. Das geht so schnell, dass man die Entladezeit auf dem Oszilloskop nicht sehen kann. Die resultierende Ausgangsspannung wird mittels Q8 und Q9 auf Ausgangsamplitude gebracht, glattgezogen und bildet ein Sägezahnsignal.
Und jetzt zurück zum Frequency Vernier - Problem. Wie oben erwähnt verändert die Einstellung auch das Tracking! Der Grund dafür ist die Tatsache, dass die beiden Hälften des Stereopotis unterschiedliche Dinge tun. Eine regelt / begrenzt den Ladestrom des Saw Cores. Das ist ok. Die andere Hälfte dagegen arbeitet als Spannungsteiler und addiert eine Spannung (!) zum Tracking - Summenknoten. Warum man das gemacht hat, ist mir überhaupt nicht klar, denn dadurch wird natürlich das Tracking verzerrt und die Oktavspreizung passt nicht mehr.
Waveshaper: Der Rechteck - Shaper wird über R29 mit dem Sägezahn gefüttert. Sobald die Basis von Q3 +.7V erreicht, schaltet er durch und sein Kollektor fällt ab. Wenn der Sägezahn wieder startet bzw. bei Null beginnt, sperrt der Transistor wieder, der Kollektor geht hoch u.s.w. Dadurch entsteht am Kollektor von Q3 eine Rechteckschwingung, die durh Q2 invertiert und verstärkt und durch den Ausgangsbuffer Q1 sowie R34 bis R36 amplitudenangepasst wird.
Die Basis von Q3 ist ebenfalls Eingang für die Pulsweitenmodulationsspannung. Eine hier eingespeiste Spannung addiert sich zum Sägezahn und manipuliert somit den Zeitpunkt, an dem Q3 öffnet bzw. schließt und somit den Rechteckzyklus durchführt. Für PWM habe ich dann einen weiteren Moog-Style OpAmp - freien Steuerspannungsmischer (s. o.) zur Oszillatorschaltung hinzugefügt. Hier kommt eine exakte Kopie des 904A Steuerspannungsmischers zum Einsatz. Das Pulsweiten-Poti und der Steuerspannungseingang werden gemischt, gesäubert und das Ergebnis auf einen skalierbaren zweistufigen Differenzverstärker samt Ausgangstransistor-Buffer gegeben. Der speist wiederum seine Ausgansspannung in die Basis von Q3.


LTSpice Simulationsgrafik von PWM

Der Dreieckformer wird ebenfalls durch den Sägezahn gefüttert (R17). Solange die Spannung der ansteigenden Rampe des Sägezahn an der Basis von Q6 unterhalb der Spannung des Kollektors von Q6 liegt, stellt der Kollektor eine invertierte Entsprechung der Basis dar (Normalfall). Aber wenn die Spannung an der Basis höher steigt, arbeitet die Basis - Kollektor - Sperrschicht wie eine in Durchlassrichtung geschaltete Diode (Spannungsdurchbruch). Die Spannung am Kollektor geht jetzt mit der Spannung an der Basis und steigt damit wieder. Das Ergebnis ist - natürlich - ein Dreiecksignal.
Dieses Signal wird gebuffert und amplitudenangepasst mit Q5, R23 und R24.
Der Sinus-Shaper verarbeitet dann das Dreiecksignal. Seine Architektur kommt in vielen Oszillator-Typen vor. Er funktioniert so, dass er die scharfen Spitzen des Dreiecks "rund schleift", in dem er den sanften Übergang bei Dioden vom nicht leitenden in den leitenden Zustand und zurück ausnutzt. Das wird mittels D3 bis D6 gemacht. Der sich so ergebende Sinus wird von Q4 und R26 bis R28 gebuffert und amplitudenangepasst.

Obligatorische Wellenform-Bilder


Sägezahn (Click to enlarge)

Dreieck (Click to enlarge)

Sinus (Click to enlarge)

Rechteck (Click to enlarge)

Zwei Oszillatoren erzeugen ein geringfügig unterschiedliches Bild bei den Wellenformen. Der Grund ist ein Spannungsabfall an der Sägezahnspitze, der durch die nachfolgenden Waveshaper erzeugt wird. Auf das Rechtecksignal hat das jedoch keinen Einfluss. Ich habe dann beschlossen, es dabei zu belassen, denn diese kleine Plattform in den Wellenformen erzeugt einen ganz sanften akustischen Effekt, fast wie Zartbitter-Schokolade auf der Wellenform.


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Bauteile / Ersatztypen

Ich habe den Clone weitestgehend originalgetreu aufgebaut, jedoch die folgenden Bauteile gegen andere / aktuellere Typen ausgetauscht:

Schaltungsänderungen

Neben den funktionalen Änderungen, die ich weiter oben beschrieben habe habe ich die folgenden Bauteilewerte geändert:

Platinen des T901 Clone


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Soundbeispiele

Schlussfolgerung

Tja, ich liebe einefach die alten Moog-Schaltungen. Diese hier sind aus den 1960'ern. Abgesehen vom CA3019 Diodenarray sind keine integrierten Schaltungen involviert. Die Temperaturstabilität des Controllers ist genauso gut wie die späterer (IC-basierter) VCOs, vielleicht sogar besser, keinesfalls schlechter. Also was braucht man wirklich für einen funktionstüchtigen VCO? Nur ein paar Dioden, Transistoren, Widerstände und Kondensatoren. Teile, die es für immer und ewig geben wird (auch der CA3019 kann durch andere Diodenarrays ersetzt werden, da bin ich mir sicher). Deshalb macht dieses Clone-Projekt so richtig Spaß, obwohl es bei jedem Modul bisher Herausforderungen gab, die erstmal zu knacken waren, aber das macht es ja so interessant. Also - braucht man OpAmps oder OTAs für Waveshaping? Nein, braucht man nicht. Braucht man OpAmp basierte Komparatoren für einen Saw Core Reset? Nö. Einfach einen Unijunction-Transistor nehmen, so einfach kann das Leben sein. Das ist eben das Coole. Back to the Roots, sage ich. Das habe ich jedenfalls von diesem Clone gelernt.

Bei Fragen oder Anmerkungen:
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